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Was ist Ketamintherapie?

  • Edgar Mestre
  • 20. März
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 21. März



Die Ketamintherapie hat in den letzten Jahren zunehmende Aufmerksamkeit in der Medizin und Psychiatrie erlangt. Ursprünglich vor über 60 Jahren als Anästhetikum entwickelt, wird Ketamin heute in niedrigeren Dosen zur Behandlung von Depressionen, Angststörungen, posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und anderen psychischen Erkrankungen eingesetzt. Doch was genau ist Ketamintherapie, wie wirkt sie und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es dazu?


Die Geschichte von Ketamin

Ketamin wurde in den 1960er Jahren als Anästhetikum für Narkosen entwickelt und aufgrund seiner schnellen Wirkung und sicheren Anwendung weltweit eingesetzt. Besonders in Notfallmedizin, Kindermedizin und Veterinärmedizin fand es breite Verwendung. In den 2000er Jahren entdeckten Forscher jedoch eine weitere, bahnbrechende Eigenschaft: Ketamin zeigte in niedrigen Dosen eine schnelle und nachhaltige Wirkung bei schwer behandelbaren Depressionen.


Wie wirkt Ketamin?

Die Wirkung von Ketamin unterscheidet sich grundlegend von traditionellen Antidepressiva. Während herkömmliche Medikamente auf das serotonerge System wirken und Wochen zur vollen Entfaltung benötigen, beeinflusst Ketamin den Neurotransmitter Glutamat. Durch die Blockade der NMDA-Rezeptoren fördert Ketamin die Bildung neuer neuronaler (Nerven-) Verbindungen und verbessert die Plastizität des Gehirns. Dies kann dazu beitragen, depressive Symptome innerhalb weniger Stunden bis Tage zu lindern.

Das berühmte Ende des Tunnels, Hoffnung für viele.
Das berühmte Ende des Tunnels, Hoffnung für viele.

Wissenschaftliche Studien zur Ketamintherapie

Zahlreiche Studien belegen die Wirksamkeit von Ketamin bei behandlungsresistenter Depression (TRD). Eine Studie aus dem Jahr 2006, veröffentlicht im *Archives of General Psychiatry*, zeigte, dass bereits eine einzige Ketamin-Infusion innerhalb weniger Stunden zu einer signifikanten Verbesserung der depressiven Symptome führte. Eine Metaanalyse von 2019 kam zu dem Schluss, dass Ketamin nicht nur schnell wirkt, sondern auch bei einer Vielzahl psychischer Störungen hilfreich sein kann, darunter Angststörungen und PTBS.


Ein weiterer wissenschaftlicher Durchbruch war die Entwicklung von Esketamin, einer Nasenspray-Variante von Ketamin, die 2019 von der FDA für therapieresistente Depressionen zugelassen wurde. Studien zeigen, dass Esketamin in Kombination mit traditionellen Antidepressiva das Risiko eines Rückfalls erheblich reduziert.



Typisches "Setting" bei einer Ketamintherapie: Die Reise nach innen gelingt am besten mit Augenmaske und Kopfhörer, entweder auf noise cancelling eingestellt oder mit einer geeigneten Playlist.
Typisches "Setting" bei einer Ketamintherapie: Die Reise nach innen gelingt am besten mit Augenmaske und Kopfhörer, entweder auf noise cancelling eingestellt oder mit einer geeigneten Playlist.


Ablauf einer Ketamintherapie

Die Ketamintherapie wird in unserem Zentrum unter sorgfältig kontrollierten Bedingungen durchgeführt. Der Ablauf gliedert sich in mehrere Schritte:


1. Erstgespräch und Diagnose:

Vor Beginn der Therapie erfolgt eine umfassende Anamnese und Diagnosestellung durch Dr. Mestre, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin oder Jörg Schaude, Facharzt für Psychiatrie.

2. Individuelle Therapieplanung:

Basierend auf der Diagnose wird ein individueller Behandlungsplan erstellt, der Dosierung und Dauer der Therapie festlegt.

3. Verabreichung von Ketamin: Ketamin kann auf verschiedene Weise verabreicht werden, am häufigsten intravenös (IV) oder intranasal (Nasenspray). In unserem Zentrum wenden wir Nasenspray oder auch Schmelztabletten an.

4. Beobachtungsphase: Nach der Verabreichung bleibt der Patient unter medizinischer Aufsicht, um mögliche Nebenwirkungen zu überwachen.

5. Integration und Nachsorge: Da Ketamin nicht nur kurzfristig als Wirkstoff, sondern auch langfristig wirksam ist, indem es einen individuellen Prozess startet, legen wir grossen Wert auf die Integration und die Nachsorge. Die Therapie wird mit psychotherapeutischen Sitzungen, mit Integrationsgesprächen und oft zusätzlich mit individuell angepassten Körpertherapien oder Coaching kombiniert. Die ganzheitliche Integration von Körper und Geist steht bei uns im Mittelpunkt.


Mögliche Nebenwirkungen

Obwohl Ketamin in niedrigen Dosen sicher ist, können Nebenwirkungen auftreten, darunter:

- Leichter Schwindel oder Übelkeit

- Vorübergehende Dissoziation oder veränderte Wahrnehmung

- Erhöhter Blutdruck

- Kopfschmerzen


Um Nebenwirkungen zu minimieren, geben wir vor der Behandlung Richtlinien für die Ernährung vor der Anwendung ab, informieren über Verhaltensmassnahmen bezüglich einer Nüchternphase, es wird eine Kontinuierliche Blutdruck- und Pulsüberwachung durchgeführt sowie die Möglichkeit einer allfälligen medikamentösen Unterbrechung der Sitzung bereitgestellt. Während der Sitzung ist eine geschulteund erfahrene Person durchgehend anwesend.


Langfristige Nebenwirkungen sind bei kontrollierter Anwendung selten, jedoch wird von einem möglichen Missbrauchspotenzial bei unsachgemäßer Anwendung gewarnt.


Fazit

Die Ketamintherapie bietet eine vielversprechende Alternative für Menschen, die auf herkömmliche Antidepressiva nicht ansprechen. Die schnelle Wirkung und das neuartige Wirkprinzip machen sie zu einer bedeutenden Innovation in der Behandlung psychischer Erkrankungen. Weitere Forschung hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen, um beispielsweise Langzeiteffekte und optimale Behandlungsstrategien besser zu verstehen. Patienten, die sich für eine Ketamintherapie interessieren, können sich im Verlauf dieser Blogreihe weiter ausführlich informieren und sich an uns wenden, um eine sichere und effektive Behandlung zu gewährleisten.


Ketaminmolekül in 3D
Ketaminmolekül in 3D


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